Traumatherapie
Im wohlfühlraum wird Traumatherapie nach der psychodynamisch imaginativen Traumatherapie von Prof. Dr. Luise Reddemann angeboten.
Was ist Traumatherapie?
Die spezielle Traumatherapie ist eine psychotherapeutische Zusatzqualifikation und befasst sich mit schweren seelischen Verletzungen. Sie können die Folgen außergewöhnlich belastender Erlebnisse sein, die existenzielle Ängste ausgelöst haben. Erlebnisse können traumatisierend wirken, wenn eigene Möglichkeiten zur Bewältigung der Situation nicht ausreichen und die Betroffenen sich massiv überfordert fühlen. Diese Überforderung erzeugt überdurchschnittliche seelischen Stress, welche in den meisten Fällen zu einem Gefühl der Hilflosigkeit führt.
Wie definiert sich ein Trauma?
Traumatisierende Erlebnisse und Situationen sind von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß, welche bei fast jedem Menschen eine tiefe Verzweiflung auslösen würde (z.B. Naturkatastrophen, schwere Unfälle, Kriege, Tod naher Angehöriger, lebensbedrohliche Erkrankungen sowie sexuelle oder körperliche Gewalt. Menschen können auf unterschiedliche Arten von extreme Belastungen betroffen sein. Man kann direkt als Person betroffen sein, oder auch durch das Beobachten oder Helfen eines Betroffenen so belastet werden, dass es traumatisierend wirken kann.
Die Meisten unmittelbaren psychischen und physischen Reaktionen auf sehr belastende Ereignisse sind völlig normal und kein Ausdruck einer psychischen Erkrankung. Ob ein Erlebnis traumatisierend wirkt, hängt auch von den Umständen der Person, der Lebensgeschichte, den Ressourcen und der sozialen Unterstützung des Betroffenen ab.
Welche Trauma-Typisierungen gibt es?
Traumatisierungen lassen sich in unterschiedliche Typen kategorisieren. Ein Typ-I-Trauma zeichnet sich durch eine singuläre Situation außergewöhnlicher Bedrohung aus und ist ein einmaliger Vorfall (beispielsweise: Verkehrsunfall/Naturkatastrophe/Gewalterfahrung). Ein Typ-II-Trauma entsteht aus multiplen traumatischen Erfahrungen (Gewalt/Deprivation), die mehrfach auftreten, in Summe zu einer Traumatisierung führen und in den allermeisten Fällen das Bindungssystem des Menschen betreffen.
Wenn die traumatischen Erlebnisse vorrangig durch primäre Bezugspersonen verursacht werden, nennen wir es Bindungstraumatisierung, welche tiefe seelische Verletzungen mit sich bringen. Die Welt an sich, wird durch das permanent fehlende Gefühl von Sicherheit und Halt, als unsicherer Ort erlebt und führt oft im späteren Erwachsenenalter zu großen Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Kontakt und Beziehungsverhalten. Generell gilt, dass Traumatisierungen, die durch Menschenhand entstehen, meistens größere seelische Wunden hinterlassen als Traumatisierungen, die durch Naturgewalten entstehen.
Unter welchen Symptomen leide ich an einer Traumafolgestörung?
Ein klassisches Monotrauma (Typ-I-Trauma) zeigt sich auf Symptomebene durch ein wiederholendes Erleben der Traumatischen Situation durch aufdrängende Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träume und Alpträume, einer körperlichen extremen Anspannung, Vermeidungsverhalten, Gefühl von Betäubung/Distanzierung aus dem eigenen Körper/Umfeld, Gleichgültigkeit gegenüber anderen Menschen, Teilnahmslosigkeit, Freudlosigkeit, extreme Schreckhaftigkeit, Ein-oder Durchschlafstörungen und lebensmüde Gedanken. Der Beginn der Symptomatik erfolgt oftmals nach einer Einwirkphase von mehreren Wochen bis Monaten und ist stark davon abhängig, was wir an seelischen Kräften entgegensetzen können. Beispielsweise vermindert eine gute soziale Verbundenheit (Halt spendendes Gegenüber) das Risiko auf eine Ausprägung einer Traumafolgestörung drastisch.
Was ist die psychologische Entstehungstheorie einer Traumafolgestörung?
Bei einem außergewöhnlich belastenden Ereignis macht unser Seelenleben automatisch Gebrauch von Distanzierungstechniken, sodass wir die Situation so gut es geht überleben. Diese Distanzierung von verschiedenen Wahrnehmungsqualitäten (beispielsweise Gefühlen, Körpererleben, Gedanken) hat zur Folge, dass wir diese Qualitäten abspalten (Modell der Strukturellen Dissoziation nach Nijenhuis) und die Erinnerung an das Erlebte folglich nicht adäquat in unser Gedächtnis abgespeichert und somit verarbeitet werden kann. Die abgespaltenen Wahrnehmungsqualitäten kommen dann oftmals unverhofft durch sogenannte Trigger (Parallelen zur traumatischen Situation) in unser Bewusstsein zurück. Die seelische Abspaltung ist ein höchst individueller Prozess und wird maßgeblich durch die Bewältigungsmechanismen des betreffenden Individuums bestimmt.
Was sind die Bestandteile einer Traumatherapie?
Traumatherapie besteht aus drei großen Behandlungsbausteinen: Stabilisierung, Konfrontation und Integration. Im Fokus der Behandlung stehen die Stärkung der Selbstheilungskräfte der Betroffenen, das Verstehen der eigenen Traumageschichte und die Verarbeitung und Versorgung der seelischen Wunden. Die abgespaltenen Qualitäten werden identifiziert und zu einer konkreten Erinnerung zusammengesetzt. Hierbei ist der überwiegende Teil der Traumatherapie fokussiert auf die Stabilisierung, um der eigenen traumatischen Geschichte und den einzelnen Erinnerungen begegnen zu können, was schätzungsweise ca. 90 % der Therapie ausmacht. Die tatsächliche Traumakonfrontation ist erst im letzten Drittel einer Behandlung angedacht (bei Monotraumatisierungen ggf. früher). Nachdem die eigenen Traumageschichte zusammengeführt wurde ist ein essenzieller Bestandteil der Therapie die Trostphase, in welcher der Patient sich selbst lernt tröstlich zu begegnen.
Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT)
Der von Frau Prof. Dr. Luise Reddemann entwickelte psychodynamisch imaginative Traumatherapie-Ansatz zur Behandlung von komplexen Traumafolgestörungen integriert Aspekte der tiefenpsychologisch fundierten Psychotherapie mit konkreten Elementen der Verhaltenstherapie (z.B. kognitive Umstrukturierung) sowie imaginative Verfahren und Prinzipien der Achtsamkeitsmeditation. Idee dieses Therapieansatzes ist es, dass zwei Erwachsene Personen (PatientIn & Therapeutin) mit ausreichend sicherem Abstand "alte Geschichten" anschauen und bearbeiten, sodass dem traumabedingten Ohnmachtsgefühl etwas entgegen gesetzt werden kann und es nicht erneut zu einer Abspaltung kommen muss.
Im Fokus der Traumatherapie stehen die Ressourcen der Patienten und das Konzept der Selbstregulation und Selbstheilung. Es wird ein imaginärer Raum (eine „innere Bühne“) geschaffen, in dem die mitgefühlsorientierte Beziehung zu sich selbst angeregt und der Selbstheilungsprozess in Gang gesetzt werden kann. Einerseits werden Abwehrmechanismen, wie die gesteuerte Spaltung (Dissoziation) von belastenden Gefühlen als notwendig gewürdigt und gezielt Techniken zur Distanzierung erlernt. Andererseits entwickelt der/die PatientIn innere Bilder, die als „Kraftquellen“ wirken.
Verletzte jüngere, innere Anteile werden über die Belastungen des Erwachsenen Anteils im heutigen Alltag identifiziert und mit Hilfe der Vorstellungskraft imaginativ versorgt und an einen Ort der Geborgenheit gebracht. Hierbei können imaginative hilfreiche Wesen unterstützend helfen und trösten. Nachdem alle verletzten Anteile identifiziert und versorgt worden sind, werden die eigenen verletzenden Anteile bearbeitet, welche in einer traumatischen Situation in das innere System übernommen werden mussten, um die Person zu schützen - heute jedoch verletzend wirken, da sie wie aus der Zeit gefallen sind.
Später erfolgt eine Annäherung an die traumatischen Erfahrungen auf Basis der erlernten stabilisierenden Techniken. Mittels der „inneren Beobachter-Technik“ setzt der/die PatientIn sich schrittweise mit den traumatischen Inhalten auseinander. Abschließend werden Gefühle wie Scham und Schuld, Sinnfragen, Vergebung und Versöhnung und letztlich der Beginn eines neuen Lebens thematisiert.
Das Verfahren ermöglicht eine kürzere Behandlungsdauer und ist auch insbesondere bei komplexen posttraumatischen Belastungsstörungen und Borderline-Persönlichkeitsstörung einsetzbar.